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Katastrophe und Neuanfang? Der Umbruch von 1989 bis 1991 – Akteure, Hintergründe, Deutungen

Dr. habil. Francesco Di Palma

Sind der Fall der Berliner Mauer bzw. der Kollaps des Ostblocks eher als Katastrophe oder Neuanfang einzuschätzen? Der russische Staatspräsident Wladimir Putin ließ 2005 in einer Rede zur Lage der Nation keinen Zweifel daran aufkommen, dass „der Zusammenbruch der Sowjetunion die größte geopolitische Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ sei. Ihm pflichteten breite Gesellschaftsschichten sowohl in den sowjetischen Nachfolge- als auch in ehemaligen sozialistischen „Satellitenstaaten“ bei. „Sowjetnostalgie“ bzw. „Ostalgie“ fanden selbst in den neuen Bundesländern zeitweise Anklang.

Trifft diese Deutung zu? Und wenn ja, für wen bzw. wie konnte sie sich durchsetzen?

Die Vorlesung leuchtet die historischen Ereignisse der Jahre zwischen 1989 und 1991 aus, zeichnet deren politische, kulturelle und nicht zuletzt wirtschaftliche Nachwirkungen nach, und führt in die unmittelbare Vorgeschichte ein. Hierbei verdienen sowohl die revolutionären Reformbestrebungen Michail Gorbatschows (Perestroika und Glasnost), die den Weg zur Dissolution des sowjetischen Imperiums ebneten, als auch die tiefen Verflechtungen zwischen Ost- und Westeuropa, die letztlich zur Überwindung der Spaltung unseres Kontinents führten, besonderes Augenmerk. Am Beispiel des raschen Niedergangs der DDR wird gezeigt, wie stark Deutungen voneinander abweichen können. Hierzu spielen nicht nur Akteure, sondern auch besonders persistente Narrative die entscheidende Rolle.

Vor diesem Hintergrund wird schließlich danach gefragt, was einen „historischen Umbruch“ ausmacht. Zu diesem Zweck werden sowohl „anthropologische“ als auch „postmoderne“ Erklärungsansätze erörtert.